Klimawandel und Landwirtschaft
Etwa 36 % der Landesfläche von Rheinland-Pfalz werden landwirtschaftlich genutzt, das entspricht ca. 700.000 Hektar, die von mehr als 16.000 Betrieben (Stand 2020) bewirtschaftet werden. Den größten Sektor stellt der Ackerbau mit über 392.000 Hektar dar. Der zweite große landwirtschaftliche Zweig ist die Dauergrünlandbewirtschaftung mit etwa 247.000 Hektar, gefolgt von Weinbau mit knapp über 65.000 Hektar und dem Obstbau mit ca. 5.000 Hektar.
Ackerbau wird in ganz Rheinland-Pfalz betrieben, wobei Rheinhessen flächenmäßig von besonderer Bedeutung ist. Grünlandbewirtschaftung findet sich verstärkt in den niederschlagsreichen und kühleren Mittelgebirgsregionen des Hunsrücks, der Eifel und des Westerwaldes. Weinbau findet aufgrund seines klimatischen Anspruchs vorwiegend in den Gunsträumen der größeren Flusstäler statt.
Änderungen des Klimas bestimmen und begleiten die Landwirtschaft seit ihrem Beginn. Zeiten einer Klimagunst, beispielsweise das mittelalterliche Klimaoptimum im 11. – 13. Jahrhundert, wechselten sich mit ungünstigen Phasen wie etwa der so genannten „Kleinen Eiszeit“ (ca. Mitte 15. – Mitte 19. Jahrhundert) ab. Der sich gegenwärtig abzeichnende Klimawandel stellt die Landwirtschaft ein weiteres Mal vor neue Herausforderungen.
Der Klimawandel wird sich auf unterschiedliche landwirtschaftliche Bereiche auswirken; beispielsweise auf die zukünftige Eignung bestimmter Kulturarten. Arten, welche sich unter den aktuellen klimatischen Bedingungen im oberen Bereich ihrer optimalen Anbauspannweite befinden, werden durch die zunehmend wärmeren und auch trockeneren Verhältnisse vor Probleme gestellt. Andererseits ergibt sich gegebenenfalls zukünftig die Möglichkeit neue Arten anzubauen, die bisher wirtschaftlich nicht rentabel waren. Generell wird der Klimawandel zu einer Verlängerung der Vegetationszeit führen.
Standortbewertung
Die Eignung eines Standorts zur landwirtschaftlichen Nutzung ist von den Standorteigenschaften abhängig. Hierbei sind vor allem die naturräumliche Ausstattung, wie beispielsweise die Art des Bodens, die Bodenmächtigkeit, die Morphologie sowie die klimatischen Verhältnisse am Standort, ausschlaggebend. Um die Eignung eines Standortes zu bestimmen, wurden für alle landwirtschaftlich genutzten Flächen in Rheinland-Pfalz „Fingerabdrücke“ erstellt. Dies geschieht durch Zusammenführung und einer kombinierten Analyse geeigneter Geoinformationen. Mit Hilfe der Fingerabdrücke können Aussagen über die Toleranz der landwirtschaftlich genutzten Flächen gegenüber klimatischen Veränderungen getroffen werden. Des Weiteren werden die Fingerabdrücke genutzt, um Indikatoren zu entwickeln, die sich zur Risikoeinschätzung, beispielsweise hinsichtlich einer ausreichenden Wasserversorgung während der erwarteten längeren Trockenphasen im Sommerhalbjahr, eignen.
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Ackerbau
Die einzelnen Kulturen verfügen über stark unterschiedliche Verdunstungseigenschaften, welche in der jeweiligen Wachstumszeit und -dauer begründet liegen. Wintergetreide-Sorten, welche einen Teil ihrer Entwicklung in den kühleren Monaten (Herbst, Frühjahr) vollziehen, haben einen geringeren Wasserverbrauch als die entsprechenden Sommerkulturen. Kartoffeln und Zuckerrüben haben auf der anderen Seite einen höheren Wasserbedarf als Getreide, aufgrund ihrer verhältnismäßig langen Vegetationszeit. Die wichtigsten Kulturen in Rheinland-Pfalz zeigen allesamt ein deutlich zunehmendes Trockenstressrisiko aufgrund sich verschlechternder klimatischer Wasserbilanzen während der Sommermonate.
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Weinbau
In Rheinland-Pfalz gibt es sechs große Weinanbaugebiete, die sich alle in thermischen Gunstregionen in den Flusstälern von Rhein, Mosel, Nahe und Ahr befinden. Dadurch, dass es sich bei dem Weinbau um eine Dauerkultur handelt, besteht eine erhöhte Verwundbarkeit gegenüber Klimaänderungen. Zur Einschätzung der Eignung einer Region für den Weinbau kann z.B. der Huglin-Index verwendet werden, welcher jedoch nur die Temperaturbedingungen berücksichtigt. Frostgefährdung, Sonnenscheindauer und Bodenverhältnisse bleiben unberücksichtigt. Ab einem Indexwert von 1500 Punkten ist der Anbau der Sorte Müller-Thurgau möglich, der Anbau des Riesling ab etwa 1700 Punkten. Zukünftig werden in den Hauptweinanbauregionen in Rheinland-Pfalz Huglin-Indexwerte von bis zu 2200 Punkten erwartet, wodurch der Anbau neuer wärmeliebender Rebsorten möglich sein wird.
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Handlungsoptionen
Der heutigen Landwirtschaft steht ein breites Instrumentarium zur Verfügung, um mögliche Folgen dieses Klimawandels zu begegnen. Grundlage ist eine realistische Einschätzung der aktuellen Lage, eine genaue Beobachtung der Entwicklungen und der Entwurf von Zukunftsperspektiven.
Im Rahmen des Landesprojekts Klima- und Landschaftswandel in Rheinland-Pfalz (KlimLandRP) wurde eine umfangreiche Datenbank zu den Parametern Standortindex, Standortklimaindex und Reliefindex erarbeitet, die es erlaubt, landwirtschaftliche Flächen hinsichtlich ihrer Nutzungsmöglichkeiten aktuell und in Zukunft unter besonderer Berücksichtigung des Klimaeinflusses zuverlässiger zu bewerten. Ziel ist, Standorte landwirtschaftlicher Nutzung künftig konkreter und differenzierter beschreiben zu können. Die Nutzung der aufgebauten Datenbank soll durch die Vernetzung mit anderen Informationsquellen weiterentwickelt und zur zeitnahen Erfüllung von Anforderungen bzw. Nachfragen auf Abruf eingesetzt werden. Auf diesem Wege können den Nutzern flexible Entscheidungsunterstützungen angeboten werden. Neben der praktischen Nutzbarmachung von Daten ist die Erarbeitung von „neuem“ Wissen zur Einspeisung in die Datenbasis von großer Relevanz. Dies soll über Projekte im Bereich des Versuchswesens und der Forschung erreicht werden.
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